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Europa braucht mehr Führung

Aktualisiert: 23. Feb. 2021

»Politik braucht auch Streit und Entscheidungen«: Für mehr Führung innerhalb der EU hat Wolfgang Schäuble am Dienstagabend im Europäischen Forum geworben. Er hat nichts dagegen, wenn diese

Rolle ein starkes Frankreich übernimmt.





Altenheim. Nur gemeinsam könnten die europäischen Staaten die Welt von morgen gestalten und im globalen Wettbewerb bestehen. Nicht nur mit dieser Einschätzung war dem Präsidenten des Deutschen Bundestags und Offenburger Bundestagsabgeordneten Wolfgang Schäuble beim Jahresauftakt der badischen Sektionen des CDU Wirtschaftsrats Deutschland volle Zustimmung sicher. Die ungeteilte Aufmerksamkeit war ihm ohnehin gewiss. Ohne Manuskript sprach Schäuble über eine Stunde zur deutsch-französischen Freundschaft und dem Zusammenhalt der Nationen, ordnete Linien der weltpolitischen Zusammenhänge und verknüpfte seine Analysen mit Appellen an seine Zuhörer: »Pflegen Sie möglichst viele Beziehungen mit den Akteuren im Elsass«, betonte er vor Vertretern der Wirtschaft, Kultur und Bildung in der Region die Bedeutung des persönlichen Gesprächs. »In Zeiten, in denen sich die Demokratie weltweit in der Krise befindet, sollten die beiden Nachbarländer wieder enger zusammenrücken«, sagte er. Dazu bedürfe es auch mehr Führung innerhalb der EU.


Dass sich die Bundesregierung zu wenig auf die verschiedenen Reformvorschläge des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron eingelassen habe, sei ein Fehler gewesen. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass die engen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich von Anfang an den Kern der europäischen Zusammenarbeit bildeten. Außerdem trieb ihn der »Zerfall der Öffentlichkeit in viele Teilöffentlichkeiten« um. Dies ist aus seiner Sicht ein wesentlicher Grund für die Probleme im zwischenstaatlichen Miteinander, nicht nur in Europa.


Geschäftsmodelle, wie sie im Silicon Valley entwickelt würden, erschüttern nach Schäubles Ansicht die Grundlagen der freiheitlichen Demokratie. Er verzichtete darauf, Google oder Facebook zu nennen. Dass China digitale Technologien zur totalen Kontrolle der Bevölkerung nutze, sei ein weiterer Aspekt. »Ich möchte nicht, dass wir in die Lage kommen, zwischen den beiden Modellen entscheiden zu müssen«, meinte Schäuble.


Brexit ist demagogischer Betrug am britischen Volk (Wolfgang Schäuble)

Extrem bedauerlich sei es dennoch, wenn die Idee Europas als Garant für Freiheit und Menschenrechte von vielen Menschen, die in Europa leben, nicht mehr erkannt oder anerkannt wird: »Die Menschen in Hongkong träumen von der EU. Und in der EU wissen sie viele nicht mehr zu schätzen.« Folgerichtig bezeichnete er den Brexit als »demagogischen Betrug am britischen Volk«. Dass allerdings die EU-Skeptiker im Vereinigten Königreich mit dem Slogan »Holt die Kontrolle zurück« den EU-Austritt auf Kosten der Spaltung ihrer Gesellschaft geschafft haben, müsse nachdenklich stimmen.


Es gelinge mit solchen Kampagnen eine Stimmung bei der Bevölkerung zu bedienen, die das Misstrauen schürt und den Regierenden immer mehr Vertrauen entzieht. Nach dem Brexit ist es für Schäuble auch die Pflicht der Europäer alles zu tun, damit es »vernünftig weitergeht«. Als wesentliches Fazit nach dem Brexit betonte er: »Es hat innerhalb der EU keine Nachahmer der Briten gegeben«. Bis jetzt. Schäuble lobte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz für dessen politische Arbeit, insbesondere in der Migrationspolitik: »Wenn jeder nach Europa kommen kann, um seinen Traum zu erfüllen, dann ist Europa bald kein Traum mehr», mahnte Schäuble.


Auch innerhalb Deutschlands gelte es, effizienter zu werden: Wer ein ganzes Jahrzehnt brauche, um eine Bahnstrecke nach Basel zu genehmigen, der solle nach China schauen, wo angesichts des Coronavirus innerhalb von Tagen ein ganzes Krankenhaus errichtet werden könne.

Info

Der Wirtschaftsrat der CDU ist ein bundesweit organisierter unternehmerischer Berufsverband mit derzeit über 12 000 Mitgliedern, der 1963 gegründet wurde. Er versteht sich als Plattform zur Mitgestaltung der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik im Sinne des Modells der sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards.




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